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Kampf um E-Auto-Markt VW steigt bei chinesischem Hersteller Xpeng ein

VW und Audi drohen im rasant wachsenden chinesischen Markt für Elektroautos abgehängt zu werden. Das wollen die Deutschen jetzt mit neuen Kooperationen verhindern.
Wagen von Xpeng bei der Automesse in Shanghai

Wagen von Xpeng bei der Automesse in Shanghai

Foto: ALEX PLAVEVSKI / EPA

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Der Volkswagen-Konzern will sich mit dem chinesischen Elektroauto-Start-up Xpeng zusammentun, um sich in dem hart umkämpften, weltweit größten Automarkt China zu behaupten. Das kündigte China-Vorstand Ralf Brandstätter nach einer Aufsichtsratssitzung von VW in Wolfsburg an. Außerdem soll die VW-Tochter und Premium-Marke Audi künftig enger mit dem chinesischen Hersteller SAIC kooperieren. »Lokale Partnerschaften sind ein wesentlicher Baustein der ›in China für China‹-Strategie«, sagte Brandstätter.

Kern der neuen Chinaoffensive ist eine Beteiligung von VW an Xpeng – einer Firma, die erst 2014 gegründet wurde, aber im vergangenen Jahr bereits 124.000 Elektroautos ausgeliefert hat. Für rund 700 Millionen Dollar erwirbt VW im Rahmen einer Kapitalerhöhung 4,99 Prozent der Xpeng-Aktien. Der Wolfsburger Konzern wird künftig mit einem Vertreter als »Beobachter« in der Führung von Xpeng vertreten sein.

Die beiden neuen Partner haben eine strategische Rahmenvereinbarung getroffen, die zunächst die gemeinsame Entwicklung von zwei neuen Elektromodellen für das Mittelklassesegment in China vorsieht. Die beiden Fahrzeuge, voraussichtlich eine Limousine und ein SUV, sollen 2026 an den Markt kommen und ein Segment abdecken, in dem VW mit seinen eigenen E-Autos bisher nicht vertreten ist.

Die Aufgabenteilung zwischen den beiden Partnern sieht vor, dass die Software und das Know-how für die Vernetzung des Fahrzeugs im Wesentlichen von Xpeng kommen, während Volkswagen als zweitgrößter Autohersteller der Welt vor allem seine Einkaufsmacht einbringt, um auch Xpeng von niedrigeren Kosten profitieren zu lassen.

Die neuen Autos sollen in Hefei in der Provinz Anhui entwickelt und produziert werden, der Standort soll zu einem »hochmodernen Produktions-, Entwicklungs- und Innovationsstandort« ausgebaut werden, wie VW mitteilte.

Audi bindet sich enger an SAIC

Auch die Premium-Tochter Audi bindet sich enger an einen chinesischen Partner. Man wolle mit SAIC »durch gemeinsame Entwicklungsarbeit« das »Angebot von intelligenten, voll vernetzten Elektrofahrzeugen im Premium-Segment schnell und effizient« erweitern. Zunächst wolle man in einem Segment starten, in dem Audi noch nicht vertreten sei.

Sowohl VW als auch Audi waren zuletzt massiv unter Druck geraten, weil sie in dem schnell wachsenden chinesischen Elektroautomarkt nur auf sehr geringe Marktanteile kommen. Dominiert wird das Segment von Tesla und chinesischen Anbietern wie BYD, Li Auto, Xpeng oder Nio. Die VW-Auslieferungen von E-Autos in China waren im ersten Halbjahr um 1,6 Prozent auf 62.400 Fahrzeuge zurückgegangen.

Konzerninsider gehen davon aus, dass in China bereits im Jahr 2025 der Punkt erreicht wird, in dem mehr Elektroautos als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft werden. Damit würde sich die Elektromobilität dort wesentlich schneller durchsetzen als in Deutschland und den meisten übrigen Automärkten.

China-Allianzen sollen Softwareprobleme lösen

Während Volkswagen mit seinen Marken Audi und Porsche neben BMW und Mercedes in den vergangenen Jahrzehnten bei Autos mit Verbrennungsmotor den chinesischen Markt dominierte, kommen alle deutschen Hersteller zusammen bei Elektroautos lediglich auf einen Marktanteil von rund fünf Prozent.

Bislang kommt auch ein großer Teil der Gewinne der deutschen Autokonzerne aus China; die Einnahmen sind wichtig, um die teure Transformation in Richtung Elektromobilität zu finanzieren.

Xpeng wurde 2014 in Guangzhou gegründet und von Beginn an von Technologiekonzernen wie Alibaba und Foxconn unterstützt. Nach vier Jahren stellte die Firma ihr erstes Elektroauto vor, 2020 ging Xpeng an die New Yorker Börse. Mittlerweile verkauft der chinesische Hersteller auch Autos in Norwegen und will in weitere europäische Länder expandieren.

VW kündigte an, mit Xpeng weitere lokale »Plattformen für die nächste Generation von intelligenten, voll vernetzten Elektrofahrzeugen« entwickeln zu wollen, um die Modellpalette in China weiter ausbauen zu können. Über viele Details der Zusammenarbeit wird jedoch noch verhandelt.

Die Ankündigungen sind weitere Anzeichen dafür, wie Konzernchef Oliver Blume die Elektrowende und insbesondere das Chinageschäft wieder auf Kurs bringen will. Blumes Vorgänger Herbert Diess hatte den Konzern vor einem Jahr auch deshalb verlassen müssen, weil er Probleme bei der Softwaretochter Cariad nicht in den Griff bekam, die eine Schlüsselrolle für die Entwicklung künftiger E-Automodelle einnimmt.

Vor drei Monaten hatte VW angekündigt, Cariad werde in China ein Gemeinschaftsunternehmen mit der chinesischen Firma ThunderSoft bilden, um Software für VW-Modelle in China zu entwickeln. Der nun angekündigte Aufbau des Entwicklungszentrums in Hefei mit Xpeng ist ein weiteres Indiz dafür, welche Defizite der Konzern offenbar sieht, wenn es darum geht, sogenannte Software-definierte Fahrzeuge an den Markt zu bringen. Chinesische Kunden gelten diesbezüglich als besonders anspruchsvoll.